Im März 2018 erreichte uns ein Bittschreiben aus Sissim. Die Primarschule des Ortes wurde im Jahr 2013 gegründet. 152 Schüler besuchten dort über viele Jahre den Unterricht in drei einfachsten Strohdachhütten. Während der Regenzeit musste diese Staatsschule regelmässig geschlossen bleiben, weil es den Kindern auf die Köpfe tropfte. Alle blieben während diesen Monaten lieber zu Hause, als den ganzen Tag nass in der Schule zu sitzen und Gefahr zu laufen, krank zu werden. Zudem hatten sie keine ordentlichen Sitzgelegenheiten und schrieben jegliche Notizen auf ihrem Schoss. Der Staatslehrer sowie zwei PTA (Parents Teacher Assistent, sogenannte Elternlehrer) bemühten sich sehr um die Ausbildung dieser Kinder und schrieben uns in ihrer Not um Hilfe an. Diese drei Personen unterrichten die Kinder in den Klassen von 1 bis 6. Ein Schuljahr kostet pro Kind gerade einmal 1500 CFA (2.50 CHF). Trotzdem können sich dies viele Eltern nicht leisten. Die PTA blieben deshalb leider am Ende des Monats meistens ohne Lohn.
Die Eltern der Kinder hatten von unseren Hilfen in anderen Orten gehört und gleichzeitig selbstständig damit begonnen, ihren eigenen Anteil an Erdblöcken anzufertigen. Doch einen professionellen Aufbau eines Gebäudes konnten sie sich finanziell nicht leisten. Nun hofften alle auf unsere Hilfe.
Um uns ein Bild der aktuellen Situation zu verschaffen, schickten wir unser Vereinsmitglied Gregory im Januar 2019 nach Sissim. Den Ort erreicht man, indem man in Sambolabbo 10 Kilometer weiter einer Naturstrasse Richtung Nigeria folgt. Dabei gilt es einen Fluss ohne Brücke zu durchqueren.
500 Personen leben in Sissim. Ihr Leben bestreiten sie durch Ackerbau in Form von Mais, Maniok, Süsskartoffeln, Yams und Erdnüssen sowie Viehzucht. Die Bewohner gehören zur Ethnie der Kutin. Sie leben gemeinsam im muslimischen Glauben. Für ihre Einkäufe oder für einen Spitalbesuch gehen sie zu Fuss nach Sambolabbo.
Wir sahen die grosse Not in Sissim und konnten glücklicherweise dank zwei Spenderinnen, welche namentlich nicht genannt werden möchten, umgehend helfen. Ohne lange zu überlegen waren wir uns einig, dass dieser Ort Unterstützung dringend nötig hat und möglichst bald mit dem Aufbau einer neuen Schule begonnen werden sollte. Gemeinsam vereinbarten wir, dass sie nebst den bereits angefertigten Erdblöcken den Arbeitern Nahrung und Wasser auf die Baustelle tragen, Holz für das Gerüst des Daches im Wald suchen sowie Sand aus dem Fluss schaufeln. Vor allem sollten sie sich in Zukunft bemühen, ihre PTA jeden Monat zu entlöhnen, damit die Schule weiterhin geführt werden kann.
Nach unserer Geldübergabe im Januar 2019 wurde bereits im Februar 2019 mit dem Fundament begonnen. Anschliessend folgte der Aufbau der Mauern. Schon im März 2019 war die Schule fixfertig und bezugsbereit. Der Schlüsselübergabe im April 2019 stand nichts mehr im Wege. Damit die Kinder nicht länger mit der Benützung ihrer neuen Schule warten mussten, organisierten unsere verantwortlichen Personen vor Ort die Eröffnungszeremonie. Der Dorfchef bedankte sich von ganzem Herzen für unsere Hilfe. Er ist überzeugt, dass dieser Neubau der Startschuss zur Weiterentwicklung ihres kleinen, abgelegenen Ortes bedeutet. Er versprach, sich dafür einzusetzen, dass möglichst alle Eltern ihre Kinder zur Schule schicken. Ihm fehlten gemäss eigener Aussage die Worte dafür, wie er seine Dankbarkeit und seine Freude ausdrücken konnte. Zudem bedankte er sich beim regionalen Kommandant der Gendarmerie für seine Unterstützung während der Zeit des Aufbaus. Immer wieder hatte dieser für die Sicherheit unserer Arbeiter gesorgt, die in ihrem abgelegenen Grenzgebiet nicht zu unterschätzen ist. Denn nach Sissim ist sogenanntes «Niemandsland» und kein Sicherheitsposten mehr zu finden.
Im Mai 2019 erhielt die Schule zudem 30 neue Bänke von uns, damit keines der Kinder auf dem Boden sitzen oder auf den Knien schreiben muss.
Aufgrund der weltweiten Corona-Pandemie konnten wir das Gebäude erst im November 2020 offiziell einweihen. Niemals zuvor kam eine ausländische Person in diesen abgelegenen Ort. Wir wurden in Sissim so herzlich empfangen wie noch an keinem anderen Ort zuvor. Dorfchef Jarao Amadoko Jaja sowie der Imam und die vielen weiteren anwesenden Personen strahlten über das ganze Gesicht, als sie uns begrüssten und uns voller Freude ihren Ort präsentierten. Mit beiden Händen schüttelten sie unsere Hände und wollten kaum mehr mit ihren Dankesworten in der Sprache Fulfulde aufhören. Das Dorf zeigte sich uns als eines der Dörfer mit den zufriedensten und glücklichsten Menschen weitum. Wir sahen ausnahmslos lachende und strahlende Gesichter und hätten auf der Stelle vor Freude weinen können, so schön war der Augenblick. Während wir gegen unsere Freudentränen kämpften, stieg in uns ein Gefühl der Überzeugung auf, genau das Richtige für diesen abgelegenen und mittellosen Ort getan zu haben. Noch nie war unsere Hilfe so sehr benötigt worden wie in Sissim und noch nie war unsere Hilfe so extrem wertvoll gewesen wie für diesen abgelegenen und schwierig erreichbaren Ort.
Dimensionen:
Aussenmasse: 12,45 x 5,3 Meter
Innenmasse eines Klassenzimmers: 6 x 5 Meter
Veranda: 12,45 x 2 Meter
Kosten:
Die gesamten Baukosten inklusive Bemalung beliefen sich total auf zirka CHF 10 000.–.
Zeitfenster:
Projekt-Start (Zusage und Geldübergabe): Januar 2019
Projekt-Fertigstellung: April 2019
Offizielle Ashia-Übergabe: aufgrund von Corona-Einreisestopp erst im November 2020
Hauptsächlich benötigte Materialien:
4000 Blöcke aus getrockneter Erde, 110 Pack Zement à 50 kg, 120 Stangen Armierungseisen,
60 Dachlatten, 68 Zink-Bleche für das Dach, 50 Latten für das Baugerüst, 2 Eisentüren