Roger wurde uns am letzten Tag des März 2019 aus Bigui Foulda ins Spital von Gobo in der Region Extrême-Nord von Kamerun gebracht. Er war 17 Jahre alt und besuchte die 1. Sekundarschule. Roger hatte seit 10 Monaten ein Problem an seinem linken Bein. Es schwoll von Tag zu Tag mehr an, bis die Schmerzen kaum mehr zum Aushalten waren. Seine Mutter ist verstorben. Sein Vater ist einfacher Bauer und gehörlos. Roger ist der Jüngste in der Familie. Eine Behandlung konnte sich die Familie nicht leisten. Sie hatten es mit traditioneller Medizin versucht, bis sie nicht mehr weiterwussten und verzweifelt ins Spital kamen.
Wir zögerten nicht lange und schickten Roger sofort nach Garoua (50 Kilometer mit dem Mofa, 280 Kilometer mit dem öffentlichen Verkehrsbus entfernt – in das einzige professionelle Spital in der Nähe). Die Ärzte amputierten ohne ausgiebige Diagnose im April 2019 sein erkranktes Bein. Roger freute sich sehr, dass er endlich keine Schmerzen mehr hatte. Wenige Tage nach der Behandlung ging es ihm bereits besser und er strahlte im Spital für unser Erinnerungsfoto.
Leider erhielten wir drei Monate später die schlimme Nachricht, dass Roger nun an einem geschwollenen Arm litt. Offensichtlich war sein Körper über und über von Krebs befallen und das Stadium des Tumors im Oberarm so weit fortgeschritten, dass ihm nicht mehr geholfen werden konnte. Die folgenden Monate wurden für den jungen Burschen zur Tortur. Weitere Ableger verteilten sich innert weniger Wochen auf verschiedene Körperteile und Roger litt sichtlich. Leider kam unsere Hilfe zu spät.
Als wir ihn im Oktober 2019 persönlich besuchten, konnten wir ausser Zuspruch und für ihn beten nichts mehr tun. Ihn so am Boden zu sehen und zu wissen, dass er bald sterben würde, war einerseits unglaublich hart und tragisch, andererseits eine Erlösung. Roger war unglaublich tapfer, obwohl ihm bei der geringsten körperlichen Bewegung die Anstrengung und der Schmerz ins Gesicht geschrieben waren. Seine Familie sorgte während der ganzen schwierigen Zeit wunderbar für ihn und liess ihn keinen Augenblick alleine. Als wir mit ihm in Fulfulde sprachen, strahlte er über sein ganzes Gesicht und vergass für einen Augenblick seine Qualen. «Was würdest Du dir wünschen, was können wir Dir Gutes tun?», fragten wir Roger. Er wünschte sich Spaghetti und Reis. An einem anderen Tag waren es eine Milch und zusätzliche Schmerzmittel.
Wir begleiteten Roger und erfüllten ihm jeden Wunsch, den er hatte, damit sein kurzes Leben möglichst schmerzfrei zu Ende gehen konnte. Die Ordensschwester des Spitals besuchte ihn regelmässig und versorgte seine vielen und grossen Wunden. Roger wurde am 28. Oktober 2019 von seinem langen Leiden erlöst und schlief für immer ein. Wir waren unglaublich traurig und dankbar zugleich.
Wenn wir in den Himmel schauen,
so denken wir an Dich.
Du bist unser Stern,
denn wie auch das Leuchten der Sterne Millionen Jahre anhält,
so bleibt auch dein Leuchten in unseren Herzen,
und es verlischt erst in dem Moment,
in dem wir uns wiedersehen.
Roger, Du hast tapfer gekämpft.
Jetzt fehlst Du in unserer grossen Ashia-Familie.
Der Himmel hat einen Engel mehr,
der nun auf uns herabschaut und uns beschützt.
Die Kosten für die Behandlung inklusive Transport, Verpflegung und Dokumentation mit Fotos beliefen sich auf CHF 973.–.